Hanoi oder Saigon

Worin unterscheiden sich Hanoi und Saigon

Obwohl wir vom selben Land sprechen, könnten Hanoi und Saigon, die beiden größten Städte in Vietnam, unterschiedlicher nicht sein. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man sogar vermuten, es handelt sich um zwei Städte in zwei völlig verschiedenen Ländern. Ganz gleich, ob in architektonischer, wirtschaftlicher, politischer oder kultureller Hinsicht, die beiden Städte sind so unterschiedlich wie Tag und Nacht.

Die Unterschiede beginnen bereits bei der Namensgebung. Während die Einwohner von Hanoi die Großstadt im Süden nur unter dem Namen „Ho Chi Minh Stadt“ kennen, heißt die Stadt bei den meisten Vietnamesen im Süden immer noch „Saigon“, vor allem dann, wenn damit die Innenstadt gemeint ist.

Auch in religiöser Hinsicht könnten die Unterschiede gravierender nicht sein. Praktizieren die meisten Einwohner von Hanoi den speziellen vietnamesischen Stil des Taoismus und Buddhismus vermischt mit etwas Ahnenkult, so sind die Einwohner der Stadt im Süden überwiegend katholisch, ein Relikt der französischen Kolonialzeit. Katholiken wurden von den französischen Besatzern über Jahrzehnte bevorzugt behandelt.

In der Sprache unterscheiden sich die beiden Städte ebenfalls ganz erheblich. Es sind nicht nur einfach unterschiedliche Dialekte, viele Wörter sind einfach verschieden und viele Einwohner von Hanoi haben Probleme, die Leute aus dem Süden zu verstehen.

Obwohl der Katholizismus im Norden des Landes nie wirklich Fuß fassten konnte, so hat doch die französische Kolonialmacht die Architektur erheblich beeinflusst. Während der Kolonialzeit wurden die Gebäude nach der Grundfläche des Bodens besteuert, auf dem sie errichtet worden waren, was dazu führte, dass man sehr schmale und hohe Gebäude mit mehreren Stockwerken errichtete, die oft nur über einen Raum pro Stockwerk verfügten. Viele Häuser in Hanoi sind kaum mehr als fünf Meter breit, jedoch fünf oder sechs Stockwerke hoch. Vor allem im Zentrum von Hanoi findet man fast nur solche schmale und hohe Häuser. In den Randbezirken ist dieser Baustil nicht mehr ganz so verbreitet.

Der vorherrschende Baustil in Saigon hingegen ist völlig anders. Zwar hat auch hier die französische Kolonialzeit ihre Spuren hinterlassen, doch hier dominiert der amerikanische Einfluss. Die Häuser in der Stadt sind wesentlich breiter und weitaus geräumiger als im Norden. Während es in Hanoi nur wenige Hochhäuser gibt, wird das Stadtzentrum von Saigon von riesigen Einkaufszentren und Hochhäuser mit Eigentumswohnungen geprägt. Die Stadtbilder von Hanoi und Saigon könnten gegensätzlicher nicht sein.

Hanoi ist die älteste noch bestehende Hauptstadt Südostasiens. Die Stadt hat gerade erst ihr tausendjähriges Bestehen gefeiert. Jedoch bereits während der Bronzezeit gab es Ansiedlungen nur wenige Kilometer nördlich des heutigen Stadtzentrums. Die dreistöckige Schildkröten–Pagode aus dem fünfzehnten Jahrhundert in der Mitte des Hoan-Kiem-Sees, der Alt–Hanoi vom einstigen französischen Kolonialviertel trennt, ist bis heute das Wahrzeichen von Hanoi. Die Tran Quoc Pagode, die älteste Pagode der Stadt, wurde sogar bereits vor über 1450 Jahren erbaut. Wenn man heute durch die Altstadt von Hanoi spaziert, kann man sich leicht vorstellen, wie das Leben vor tausend Jahren hier einmal ausgesehen hat.

Saigon ist das genaue Gegenteil, hier wirkt alles modern. Vor etwa 80 Jahren betrug die Einwohnerzahl gerade mal etwas mehr als 100.000 Einwohner. Saigon war vor nicht allzu langer Zeit eine eher kleine Stadt. Heute wohnen mehr als neun Millionen hier. Fast alles in Saigon wurde erst im letzten Jahrhundert erbaut.

Ebenso wie Thailand ist Vietnam bekannt für seine hervorragende Küche. Mehrere Reiseveranstalter bieten sogar exklusive Touren an, um Besuchern die kulinarischen Köstlichkeiten des Landes näherzubringen. Auch beim Essen gibt es gravierende Unterschiede. Während sich in Hanoi alles um Nudeln und Kartoffeln, Schweine- und Hühnerfleisch, Orangen und Pflaumen dreht, findet man in Saigon vielmehr Reis, Tintenfisch, Meeresfrüchte und tropische Früchte auf der Speisekarte. Vietnamesische Restaurants in Deutschland sind fast immer von der Küche des Südens beeinflusst. Die klassischen Gerichte des Nordens, Nudelspezialitäten mit Schweine- oder Rindfleisch oder gegrillten Fisch im Hanoi-Stil wird man weiter südlich von Hanoi kaum auf der Speisekarte finden.

Wer gerne durch die großen Einkaufszentren schlendert, der ist in Saigon richtig, findet man doch hier riesige, saubere, klimatisierte Einkaufstempel, die alle möglichen Geschäfte unter ihrem Dach beherbergen. Obwohl auch in Hanoi neuerdings die Einkaufszentren an Popularität gewinnen, sind sie doch immer noch eher die Ausnahme als die Regel. Während sich im modernen Saigon eher alles ums Geld dreht, hat Hanoi viel mehr seine Traditionen bewahrt und ist weit weniger verwestlicht.

Ein weiterer großer Unterschied zwischen den beiden Städten ist das Wetter.

Hanoi liegt fast 1.800 Kilometer nördlich von Saigon. Im Winter wird es dort normalerweise kälter und die Sommer sind viel heißer als im Süden. In Saigon hingegen herrscht ein tropisches Klima mit warmen Temperaturen das ganze Jahr über.

Auch wenn die beiden Städte noch so unterschiedlich sein mögen, so teilen sie doch einige Gemeinsamkeiten. In beiden Städten findet man mit die freundlichsten und gastfreundlichsten Menschen der Welt. Kein Wunder, dass sich in beiden Städten eine große Zahl von Ausländer dauerhaft niedergelassen haben. Das freundliche Ambiente, das beide Städte ausstrahlen, macht es leicht, Freundschaften mit Ausländern und auch mit Einheimischen zu schließen. Sowohl Saigon als auch Hanoi bieten vielfältige Unterhaltungs- und Freizeitmöglichkeiten sowie kulturelle Veranstaltungen. Hinzu kommt eine riesige Auswahl an Restaurants, die nicht nur die exzellente einheimische Küche servieren, sondern auch Spezialitäten aus aller Herren Länder.

Wer daran denkt, seinen Lebensabend in Südostasien zu verbringen, sollte keinesfalls den Fehler machen, Vietnam mit seinen vielfältigen Möglichkeiten links liegenzulassen und sich nur auf Thailand, Kambodscha, Malaysia oder die Philippinen zu konzentrieren.