Wie gut ist das Gesundheitswesen in Thailand?
Das Gesundheitswesen in Thailand unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von dem in westlichen Ländern. Generell ist die Gesundheit der Menschen in Thailand viel mehr eine Privatangelegenheit als beispielsweise in Europa, wo der Staat mehr oder weniger die Verantwortung für den Einzelnen übernommen hat.
Natürlich gibt es auch in Thailand Ansätze für ein staatliches Gesundheitswesen. Ein Beispiel ist hier die im letzten Jahrzehnt eingeführte günstige staatliche Krankenversicherung für die arme Landbevölkerung, die zumindest eine medizinische Grundversorgung garantiert. Das thailändische Staatswesen ist jedoch bei weitem nicht so fortgeschritten, um wie bei uns, seinen Untertanen Geld für eine allumfassende Versorgung abzunehmen, um es dann abzüglich horrender Verwaltungskosten wieder zu verteilen, zuweilen könnte man auch sagen, zu verschwenden.
Ein Grund dafür, daß in Thailand das staatliche Gesundheitswesen bei weitem nicht so ausgeprägt ist, liegt auch darin, wie die Menschen in Thailand zusammen leben. Auch in Thailand ist sich jeder einzelne bewusst, daß es jederzeit möglich sein könnte, schwer zu erkranken und man der Hilfe und Pflege anderer bedarf. Um darauf vorbereitet zu sein, ist es notwendig, auf den solidarischen Rückhalt der Gesellschaft vertrauen zu können. In Thailand geschieht dies jedoch nicht in Form von anonymen staatlichen Organisationen, sondern jeder einzelne findet diesen Rückhalt in der Familie, man könnte auch eher sagen in der Groß-Familie. In thailändischen herrscht ein viel größeres Zusammengehörigkeitsgefühl als in westlichen Ländern, einfach, weil sich die Solidarität innerhalb der Groß-Familie als Überlebensstrategie für den einzelnen überaus bewährt hat.
Auch heute noch geht man in Thailand davon aus, daß jeder einzelne Mitglied einer Groß-Familie ist, und dies das soziale Netz darstellt, das den einzelnen bei schwerer Krankheit oder im Alter auffängt. Weil sich die Familie so sehr um ihre erkrankten Mitglieder kümmern, kommt es ausländischen Besuchern daher oft so vor, als ob thailändische Gesundheitseinrichtungen sich weniger um ihre Patienten kümmern würden.
In einfachen Krankenhäusern wird als überaus selbstverständlich vorausgesetzt, daß Familienangehörige sich mit um die Pflege eines Patienten kümmern. So sehen es einfache Krankenhäuser oft nicht als ihre Aufgabe an, bettlägerigen Patienten bei der täglichen Toilette zu helfen. Auch gibt es in thailändischen Krankenhäusern keine festen Besuchszeiten wie bei uns. Überhaupt nicht verstehen wird ein Thai, daß es bei uns nicht möglich ist, über Nacht bei einem Patienten zu bleiben.
In allen privaten Krankenhäusern gibt es in den Zimmern Schlafmöglichkeiten für Familienmitglieder, damit diese über Nacht beim Patienten bleiben können. Selbst in den staatlichen Krankenhäusern mit Stationssälen, in denen oft 20 und mehr Patienten ruhen, können Familienangehörige beim Patienten übernachten, im schlimmsten Falle auf einer Matte auf dem Fußboden. Manchmal sind es sogar mehrere Familienmitglieder, die bei einem Erkrankten weilen. Sie sorgen auch für die Verpflegung des Patienten, bringen Speisen und Getränke entweder von zu Hause mit, oder kaufen es in den billigen Restaurants oder Straßenküchen, die man rund um Krankenhäuser findet. In der asiatischen Medizin hat man schon vor langer Zeit erkannt, daß der Heilungsprozess wesentliche besser verläuft, wenn Familienangehörige rund um die Uhr in die Pflege eines Patienten eingebunden werden.
Die Unterschiede im medizinischen Standard zwischen Großstadt und Provinz sind in Thailand zum Teil recht groß. In vielen kleineren Provinzkrankenhäusern können nur kleinere Operationen ausgeführt werden. In Bangkok, in den Touristenzentren und auch in vielen Provinzhauptstädten gibt es Kliniken, die in zweifellos auch westlichen Standards genügen.
Neben den Privatkliniken gibt es in Thailand noch staatliche Krankenhäuser. Für Thais ist die Unterbringung, Behandlung und Pflege hier zwar kostenlos, Medikamente hingegen müssen bezahlt werden. Private Krankenhäuser arbeiten üblicherweise profitorientiert, in jedem Falle jedoch muss eine Kostendeckung erzielt werden. In Thailand kann man in der Regel davon ausgehen, daß die teureren Kliniken auch die besseren medizinischen Leistungen erbringen.
Obwohl es staatlichen Kliniken auf dem Lande und in kleineren Städten meist an aufwendigem medizinischem Gerät mangelt, herrscht hier oft eine angenehmere Atmosphäre als in Bangkok. Wer es sich leisten kann, hat die Möglichkeit, sich in den teuren privaten Krankenhäusern in Bangkok und anderen Großstädten wie in einem Luxushotel unterbringen zu lassen.
In Thailand und auch vielen anderen asiatischen Staaten tritt der Zusammenhang zwischen kranken Menschen und Profit offenkundiger zutage als beispielsweise in Deutschland. Während Ärzte und Krankenhäuser hier in erster Linie mit Krankenkassen verhandeln, wird der Arzt oder die Krankenhausverwaltung in Thailand direkt mit den Patienten oder deren Familien über die Kosten verhandeln. Für Europäer mag dies eher etwas obskur erscheinen, für die eigene Gesundheit oder die Gesundheit von nahestehenden Menschen will man ja eigentlich nur das Beste, weniger den günstigsten Preis hierfür aushandeln.
Wer sich in Thailand zur stationären Behandlung in ein privates Krankenhaus begibt, sollte damit rechnen, daß insbesondere von ausländischen Patienten eine Anzahlung verlangt wird. Oftmals wird sogar die Hinterlegung des Reisepasses verlangt, bevor ein Patient aufgenommen wird, auch wenn vom Gesetz und der ärztlichen Ethik vorgeschrieben wird, daß sich Ärzte um einen Patienten kümmern müssen, ohne vorher eine Anzahlung zu verlangen. Das mag sicher nicht für alle Krankenhäuser zutreffen. Es gibt auch genügend Kliniken, die eine Rechnung erst bei der Entlassung ausstellen und auf jegliche Anzahlung verzichten. Man sollte jedoch darauf vorbereitet sein.
Hier findet man eine Liste mit allen Krankenhäusern in Thailand.
Ärztliche Leistungen für Ausländer
Die Kosten für ärztliche Behandlungen in Thailand müssen normalerweise vorgelegt werden und nach der Rückkehr in Deutschland mit der Krankenkasse abgerechnet werden. Beim stationären Aufenthalt langt oft auch die Übernahmeerklärung der betreffenden Krankenkasse, soweit diese vom Krankenhaus akzeptiert wird. Dies funktioniert normalerweise nur bei Auslandskrankenversicherungen und privaten Krankenversicherungen. Gesetzliche Krankenversicherungen übernehmen in der Regel die Kosten für ärztliche Behandlungen in Thailand nicht. Damit die Kosten ohne Einwand zurückerstattet werden, müssen die ärztlichen Leistungen auf der Rechnung gut dokumentiert sein. Auf Grund von vielen Versuchen, Versicherungen zu betrügen, werden eingereichte Arztrechnungen genauestens überprüft. Auch die Versicherungen wissen, daß es in Thailand Recht einfach ist, Rechnungen für nicht erbrachte Leistungen zu erhalten. Inzwischen kursieren in der Versicherungswirtschaft Listen mit den Ärzten, die in der Vergangenheit durch fingierte oder überhöhte Rechnungen aufgefallen sind.
Um für den Notfall vorzusorgen, sollte jeder Thailand-Urlauber eine Auslandskrankenversicherung abschließen. Diese Versicherungen gelten meist für einen Auslandsaufenthalt bis etwa 6 Wochen. Eine solche Versicherung mit einer Laufzeit von 1 Jahr kostet beispielsweise beim ADAC für die ganze Familie weniger als 20 Euro. Wer sich länger in Thailand aufhalten möchte, für den gibt es eine ganze Reihe spezieller Auslandskrankenversicherungen, zum Beispiel wiederum beim ADAC. Die Kosten hierfür liegen bei etwa 40 Euro im Monat. Auch bei den vorgenannten Versicherungen ist es üblicherweise so, daß die Behandlungskosten zuerst vom Versicherten aus der eigenen Tasche bezahlt werden müssen.
Für Ausländer, die ganz dort leben, oder ihren Altersruhesitz dorthin verlegen wollen, gibt es sogenannte Health Maintenance Organizations (HMO), die ein System ähnlich dem der gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland anbieten, bei dem der Versicherte eine Ausweiskarte erhält, die von zahlreichen Krankenhäusern akzeptiert wird. Die Kliniken rechnen dann zu festgelegten Sätzen direkt mit den Krankenversicherungen ab.
Arztpraxen in Thailand
In vielen privaten Krankenhäusern in Thailand kann man sich auch ambulant behandeln lassen. In den Krankenhäusern gibt es Arztpraxen. Die Ärzte sind meistens Angestellte der Kliniken, manchmal aber auch Mieter. Der Vorteil, der Arztpraxen in Kliniken ist, daß sie meist besser ausgestattet und zudem auf alle zentralen Einrichtungen des Krankenhauses zurückgreifen können.
Natürlich gibt es auch Arztpraxen außerhalb von Krankenhäusern. Sie führen meist die englische Bezeichnung „Clinic“. Die Erfahrung zeigt, daß Ärzte in einer Praxis in einer großen privaten Klinik in der Regel über eine größere Berufserfahrung verfügen. Hinzu kommt, daß die meisten der Praxen, die sich außerhalb von Kliniken befinden, oft nur spärlich ausgestattet sind. Moderne Medizintechnik ist hier eher Mangelware.
Privatkliniken verfügen auch über gut besetzte Notaufnahmestationen, sogenannten Emergency Rooms, die man rund um die Uhr zur ambulanten Behandlung aufsuchen kann.Die dort praktizierenden Ärzte sind Angestellte des Krankenhauses, deren Leistungen nach recht günstigen, festen Sätzen abgerechnet werden. Die Emergency Rooms kann man auch für die normale ambulante Behandlung aufsuchen, auch wenn kein Notfall vorliegt. Anders als in den freien Arztpraxen sind die Wartezeiten hier sehr gering.
In Thailand sind Arzt-Honorare nicht reguliert. Die Höhe des Honorars liegt ganz im Ermessen des behandelnden Arztes, bzw. des Krankenhauses, bei dem der Arzt angestellt ist. Hierbei besteht natürlich ein Gefälle zwischen Ärzten auf dem Lande und in der Großstadt oder in Touristenzentren. Die meisten thailändischen Ärzte, zumindest diejenigen, die in Touristenvierteln praktizieren, verfügen über gute Englischkenntnisse. Vereinzelt gibt es auch Ärzte, die noch eine andere Fremdsprache beherrschen. Das kann insbesondere für Touristen wichtig sein, die kein Englisch sprechen.
Apotheken in Thailand
In kaum einem anderen Land auf der Welt wird die Verschreibungspflicht für Medikamente so locker gehandhabt wie in Thailand. Zahlreiche Medikamente, die in Europa in einer strengen Verschreibungspflicht unterliegen, gibt es in Thailand praktisch in jeder Apotheke frei über den Ladentisch.
Generell unterscheidet man in Thailand Medikamente in zwei Kategorien. Zum einen gibt es hier westliche Medikamente, die dort von den Tochterfirmen westlicher Pharmaproduzenten hergestellt werden, zum anderen gibt es Medikamente, die in Asien ohne Lizenz nachgemacht werden. Medikamente der zweiten Kategorie sind natürlich wesentlich billiger, ob sie auch genauso wirkungsvoll sind, mag dahingestellt sein. In jedem Falle handelt es sich dabei nach westlichem Rechtsverständnis um Patent-Diebstahl. Als Ausländer sollte man zudem keinerlei Risiken eingehen und die lizenzierten Produkte der der großen Hersteller kaufen. Hier kann man sicher sein, daß die Herstellung der Medikamente permanent überwacht wird. Selbst Thailänder greifen, wenn sie es sich leisten können, lieber auf die lizenzierten westlichen Medikamente zurück. Vielen armen Thailändern hingegen stellt sich diese Wahl allerdings nicht, sie sind gezwungen die billigsten Medikamente zu kaufen. Das sind in der Regel thailändische Produkte, die ohne Lizenz nachgefertigt wurden.
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