Asiens Strände werden leer, wenn chinesische Besucher zu Hause bleiben
Von schwach besuchten Stränden auf Bali bis hin zu leeren Zimmern in den Hotels von Hanoi, überall in den Touristenzentren von Südostasien werden die Folgen von Chinas wirtschaftlichen Problemen und der damit verbundenen Schwächung des Yuan sichtbar.
Der Boom der Touristen aus China, der in den letzten Jahren den Tourismus in ganz Südostasien belebte, befindet sich derzeit im Rückwärtsgang. Der abrupte Rückgang der chinesischen Touristen wird zu einer schmerzhaften Lektion für Länder wie Thailand und Indonesien, die sich zu sehr von der wirtschaftlichen Entwicklung in China abhängig gemacht haben.
Der Einbruch der Ankünfte von chinesischen Touristen und der damit verbundene Einnahmeverlust ist in der gesamten Region zu spüren. Es bestehe immer ein hohes Risiko, wenn man sich nur auf einen Markt verlässt, und viele Länder könnten möglicherweise nicht schnell genug das nachlassende Wachstum ausgleichen, so der Leiter der Wirtschafts- und Finanzmarktforschung bei der Siam Commercial Bank.
Man erwarte, dass sich der Einbruch auch im Jahr 2020 fortsetzen werde, wenn der Handelskrieg die chinesische Wirtschaft weiterhin belasten werde, führte er weiter aus.
Steigende Einkommen in den letzten zehn Jahren haben das Fernweh der chinesischen Mittelschicht angeheizt und chinesische Touristen zum größten Auslandsreisemarkt der Welt gemacht, so ein McKinsey-Bericht. Die Gesamtzahl der Auslandsreisen hat sich von 57 Millionen Reisen im Jahr 2010 auf 131 Millionen Reisen im Jahr 2017 mehr als verdoppelt.
Südostasien ist in der Regel das bevorzugte Ziel für chinesische Touristen, wenn sie sich für eine Reise ins Ausland entscheiden, heißt es weiter in dem Bericht. McKinseys China Outbound Traveler Survey 2017 hatte gezeigt, dass die höchste Anzahl von Pauschalreisen auf Reiseziele im südostasiatischen Raum entfällt.
Betreuung durch Reiseführer die Mandarin sprechen, chinesische Restaurants und chinesische mobile Zahlungsdienste machten sich breit von Danang bis Yogyakarta. Kein Wunder, dass sich die Reisenden geradezu auf die südostasiatischen Touristen-Hotspots stürzten, angelockt durch ihre Nähe, vertraute Küche, und ohne Sprachbarrieren fühlten sie sich sofort heimisch.
Der Einbruch der Besucherzahlen aus China macht der Tourismusbranche nun mit Überkapazitäten zu schaffen, nachdem Unternehmen und Regierungen ihre Anstrengungen zuvor verdoppelt und Millionen von Dollar in Planung und Ausbau von Resorts, Hotels und Tourismusinfrastruktur gesteckt haben.
Der Rückgang zeigt sich bereits in den Bilanzen einiger Hotelbetreiber. Thailands Central Plaza Hotel Gruppe berichtete über eine Abschwächung ihres Hotelgeschäfts im zweiten Quartal aufgrund der rückläufigen Nachfrage aus China, so der Senior Vice President des Unternehmens bei einem Investorenbriefing im vergangenen Monat. Die Auslastung der thailändischen Objekte sank im letzten Quartal um 7%. Der in Bangkok ansässige Betreiber hat noch weitere 2.040 Zimmer in der Pipeline, die sein bestehendes Angebot von 6.678 Zimmern erweitern sollen.
Die Erwartungen sind völlig unrealistisch
In der thailändischen Hauptstadt soll bis 2023 ein neues Ritz Carlton eröffnet werden, als Teil eines Investitionsplans von insgesamt 3,9 Milliarden Dollar. Währenddessen hat Hilton zwei Hotels in Planung, die bis 2022 eröffnet werden sollen. Auf Phuket Island, dem beliebten Reiseziel für Tauchurlaube und Hochzeiten am Strand, wird es bis 2024 noch einmal 18% mehr Hotelzimmer geben. Die internationalen Ankünfte in Thailand sind in diesem Jahr bisher aber nur um 2% gestiegen, wie Daten des thailändischen Tourismusministeriums zeigen.
In Singapur gaben die Casinobetreiber Las Vegas Sands Corp. und Genting Singapore Anfang des Jahres eine Erweiterung ihrer Resorts mit einem Investitionsvolumen von 9 Milliarden Dollar bekannt, nachdem die Skyline des Stadtstaates als Kulisse für den Hollywood-Hit „Crazy Rich Asians“ erfolgreich in den Kinosälen ausgestrahlt wurde.
Marriott International hat 140 Hotels quer durch die Region in Planung. Die Gesellschaft will bis 2023 ihr Angebot auf den Philippinen mehr als verdreifachen. Deren weiße Sandstrände und türkisfarbenes Wasser sind so anziehend, dass die Insel Boracay im vergangenen Jahr wegen der dringend notwendig gewordenen Modernisierung der Kanalisation erst einmal für Monate geschlossen werden musste.
Das sind die harten Fakten:
- Thailand: Die Touristenankünfte aus China sind in fünf von sieben Monaten im Jahr 2019 zurückgegangen.
- Indonesien: Die Zahl der Touristen aus Festlandchina ist in sechs aufeinander folgenden Monaten bis Juli dieses Jahres zurückgegangen.
Der Anteil der chinesischen Staatsangehörigen an den gesamten ausländischen Ankünften sank von 19% Anfang 2017 auf 13% im Juli 2019. - Vietnam: Die Zahl der Besucher aus China und Hongkong sank in den ersten sieben Monaten des Jahres 2019 um 3%, verglichen mit einem Anstieg von 34% im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
- Singapur: Besucherankünfte aus China sanken im März, Mai und Juni gegenüber dem Vormonat.
Der Rückgang der chinesischen Touristen im Juni verlief konträr zu einer allgemeinen Erholung der internationalen Besucherankünfte.
Quellen:
- Thailands Ministerium für Tourismus und Sport.
- Indonesiens zentrale Statistikbehörde.
- Die Website der Vietnam National Administration of Tourism.
- Die Tourismusabteilung der Provinz Khanh Hoa.
- Das Singapore Tourism Board.
Die Chinesen waren begeistert von den Attraktionen, die durch Erfolgsfilme wie Summer Holiday sehr bekannt wurden, einer chinesischen romantischen Komödie, die auf Malaysias palmengesäumter Insel Redang spielt. Dies hatte zur Folge, dass chinesische Touristen zur größten Gruppe von Besuchern in der Region aufstiegen und 2019 403,7 Milliarden Dollar zum Bruttoinlandsprodukt beitrugen.
In Thailand und den Philippinen wuchs der Anteil des Tourismus auf über ein Fünftel des BIP an – doppelt so viel wie im globalen Durchschnitt.
Der Boom ließ in der ersten Hälfte des Jahres nach, als Chinas Wirtschaft in Schwierigkeiten geriet, der Yuan auf ein historisch niedriges Niveau fiel und ein anhaltender Handelskrieg zwischen den USA und China das Vertrauen der Verbraucher belastete. Der Rückgang wirkt sich auch auf den Konsum in China aus, weil vor allem größere Anschaffungen wie Autos, Luxusgüter und auch Reisen zurückgestellt wurden.
Während Chinas innenpolitische Probleme im Vordergrund stehen, gibt es auch Faktoren in jedem der südostasiatischen Länder, die den Rückgang noch verstärken.
So hat der thailändische Baht in diesem Jahr unter den Währungen der Schwellenländer am stärksten gegenüber dem Yuan zugelegt, was das Reisen für chinesische Touristen verteuert hat. Ein Bootsunfall im vergangenen Jahr, bei dem 47 chinesische Touristen vor der Insel Phuket umkamen, schadete ebenfalls dem Vertrauen.
Auf Bali sieht der stellvertretende Vorsitzende des Tourismusförderungsausschusses den Hotspot als Opfer seines eigenen Erfolgs. Interne Probleme wie andauernde Verkehrsstaus gehören zu den Hauptursachen für den Rückgang der chinesischen Touristen, sagte er und fügte hinzu, dass diejenigen Touristen, die noch kommen, nicht mehr so lange bleiben und weniger ausgeben. Auch scheine es, dass Bali für sie an Attraktivität verloren hätten.
Bilaterale Spannungen wiederum belasten das Verhältnis zwischen China und Vietnam, nachdem im Juli ein chinesisches Schiff die von Vietnam beanspruchten Öl- und Gasvorkommen unterwasser inspiziert hatte. Dies könnte zum Rückgang der Touristen aus China beigetragen haben, sagte der stellvertretende Generaldirektor von Vietnamtourism-Vitours.
Zwar ist nicht jedes Land von einem drastischen Rückgang betroffen. So wuchs beispielsweise die Zahl der chinesischen Touristen in Malaysia nach offiziellen Daten im ersten Halbjahr um 6,2% auf 1,55 Millionen.
Auf den Philippinen wiederum sind die touristischen Infrastrukturen und Einrichtungen noch relativ unterentwickelt, so dass es keinen Rückzug der Investoren aus den geplanten Projekten gibt.
Dennoch wird mit der Verlangsamung des Tourismus eine weitere Wachstumssäule der Länder in Südostasien in einer Zeit geschwächt, in der schon die Exporte durch den Handelskrieg leiden. Der Internationale Währungsfonds hat in seinem Ausblick vom Juli seine Wachstumsprognose für die fünf führenden Volkswirtschaften der Region von 5,1% in seinem Bericht vom April auf jetzt 5% gesenkt und damit eine weitere Verlangsamung signalisiert.
Die Länder versuchen nun, ihre Bemühungen zu diversifizieren, um Besucher aus anderen Regionen anzulocken.
So verzichtete Thailand seit Anfang des Jahres auf Visagebühren für indische Touristen. Fluggesellschaften und Hotelbetreiber versuchen, die Flugverbindungen zwischen den beiden Ländern zu verbessern.
Auch wurden von der Tourismusbehörde in verschiedenen europäischen Ländern Kampagnen gestartet, um wieder mehr Touristen aus Europa nach Thailand zu locken.
Vietnam etwa, wo chinesische Touristen im vergangenen Jahr rund ein Drittel von insgesamt 15 Millionen ausländischen Besuchern ausmachten, gründete Tourismusbüros in Großbritannien und Australien, um Besucher aus diesen Ländern anzulocken, während ab Oktober die Aufnahme von Direktflügen zwischen Indien und Vietnam geplant ist.
Zumindest kurz- bis mittelfristig scheint das von chinesischen Reisenden hinterlassene Loch zu groß zu sein, um es zeitnah zu füllen.
Chinesische Touristen sind nach Zahlen die größte Besuchergruppe. Selbst der Anstieg von Urlaubern aus anderen Ländern könne den Rückgang der Besucher aus China derzeit nicht kompensieren, sagen Tourismusexperten.
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