Von den Bergen von Chiang Mai bis zu den Stränden von Phuket ist Thailand seit langem ein bevorzugter Ort für ausländische Rentner, die ihren Lebensabend unter Palmen verbringen wollen. Aber bei Vielen, die sich das Leben im Paradies bisher problemlos leisten konnten, zerrinnen die Träume immer mehr, während sich das Land für eine wohlhabendere Klasse von Pensionären öffnet.
Auch die Stärke des thailändischen Baht, der im vergangenen Jahr gegenüber dem Dollar auf ein Sechsjahreshoch gestiegen und zu einer der stabilsten Währungen der Welt geworden ist, trägt seinen Teil dazu bei, dass sich das Leben im Land des Lächelns für gewöhnliche ausländische Rentner immer schwieriger gestaltet. Obwohl der Baht in den vergangenen zwei Monaten eher etwas an Wert verloren hat, ist er im Vergleich zu vor drei oder vier Jahren immer noch deutlich stärker. Der starke Baht, der als sichere Wette inmitten des Handelskrieges zwischen den USA und China gilt, hat die Touristenzahlen sinken und die Hotelauslastung einbrechen lassen.
All diejenigen, die von ihren Ersparnissen oder ihren Renten in Thailand leben, leiden unter der Stärke des Baht, der ihr verfügbares Einkommen dezimiert hat. So haben beispielsweise britische Expats nach dem Absturz des Pfunds in Folge des Brexit etwa 30% ihrer Kaufkraft verloren.
Der finanzielle Engpass kommt, inmitten von Änderungen der Visabestimmungen für Ruheständler, äußerst ungelegen. Seit Februar letzten Jahres müssen Ausländer zwei Monate vor der Antragstellung eine Kaution von 800.000 Baht (ca. 22.500 Euro) auf einem thailändischen Bankkonto hinterlegen oder aber ein monatliches Einkommen von 65.000 Baht (780.000 Baht Jahreseinkommen) oder eine Kombination aus beiden in Höhe von insgesamt 800.000 Baht nachweisen.
Wer die Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung beantragt, muss nun auch eine Krankenversicherung nachweisen. Für jemanden, der bereits über siebzig ist, stellt das oft ein fast unlösbares Problem dar. Die Prämie für eine Krankenversicherung kann bis zu 100.000 Baht im Monat betragen, falls sich überhaupt eine Versicherungsgesellschaft findet, die Antragsteller akzeptiert, die das siebzigste Lebensjahr überschritten haben, so ein Brancheninsider.
Von der Verschärfung der Vorschriften sind viele ältere Expats, die sich an einen lockeren und einfachen Lebensstil gewöhnt hatten, völlig überrumpelt worden. Viele von ihnen fürchten um ihre Zukunft. In Pattaya, dem pulsierenden Urlaubsdomizil an der Ostküste des Golfs von Thailand, wo sich eine großen Zahl von Rentnern aus dem Ausland niedergelassen hat, ist diese Unsicherheit spürbar.
Das Leben in Pattaya habe sich für die Menschen seit einigen Jahren, insbesondere aber seit der Wirtschaftskrise verschlechtert, bestätigt der Leiter einer lokalen christlichen Hilfsorganisation.
Pattaya ist ein Zufluchtsort für Expats und Ruheständler, seit amerikanische Soldaten während des Vietnamkrieges hierher strömten, um sich zu erholen und zu vergnügen. Sie haben ein verschlafenes Fischerdorf in Asiens Sündenpfuhl verwandelt.
Ein Veteran der U.S. Navy, der damals zum ersten Mal den Ort besuchte und nach dem Ausscheiden aus der Navy in Pattaya geblieben ist, sei hier beispielhaft genannt. Mit jetzt 83 Jahren, allein und von seiner Familie entfremdet, hat er sich über die Jahre in seinem Leben in Thailand eingerichtet. Derzeit schafft er es gerade noch so, seine Lebenshaltungskosten zu decken. An die Kaution, die er nun für sein Visum braucht, wagt er gar nicht zu denken. Er weiss einfach nicht mehr, wie es weitergehen soll, denn auch aus dem US-System ist er seit mehr als 30 Jahren heraus.
Er fühlt sich zu alt und auch zu ängstlich, um noch einmal irgendwo anders hinzugehen. So wie ihm geht es vielen älteren Ausländern, die schon seit Jahren, manchmal sogar seit Jahrzehnten hier leben. Er besitzt kein Eigentum in Pattaya. Aber für diejenigen, die Wohneigentum besitzen, hat ein Abschwung auf dem Immobilienmarkt die Chancen auf einen schnellen Verkauf zunichte gemacht, und anschließend woanders neu zu beginnen.
Seit dem vergangenen Jahr ist die Nachfrage nach Immobilien zurückgegangen, auch weil viele Expats, die über das sich verschärfende Einwanderungssystem in Thailand verärgert waren, in andere Regionen Asiens abgewandert sind, während China neue Kontrollen eingeführt hat, um die Kapitalflucht einzudämmen, so ein Immobilienprofi. Diese Situation hat das schon vorher bestehende Überangebot weiter verstärkt und wird sich durch die vom neuen Coronavirus bedingten rückläufigen Ankunftszahlen noch weiter verschlimmern.
Inmitten dieser Turbulenzen hat die thailändische Regierung unbeirrt versucht, aus der alternden Weltbevölkerung Kapital zu schlagen und Thailand mit seiner tropischen Sonne, der hervorragenden Gesundheitsversorgung und der guten Lebensqualität als einen Ort zu fördern, an dem man in Würde alt werden kann.
Im Jahr 2018 wurden in Thailand fast 80.000 Ruhestands-Visa ausgestellt, was gegenüber 2014 einer Steigerung von 30% entspricht. Ein Großteil davon entfällt auf Pensionäre aus Großbritannien.
Untersuchungen der Kasikorn Bank haben ergeben, dass 2016 in Thailand 68.300 Ausländer über 50 Jahre im Besitz von Langzeitvisa waren, was einem Anstieg von 9% gegenüber den beiden Vorjahren entspricht.
Investoren aus dem Gesundheitssektor haben das lukrative Potenzial in der Marktnische mit wohlhabenden Alten erkannt und pumpen enorme Geldmengen in neue Projekte.
So errichtete 2019 die Thonburi Healthcare Group das Jin Well-being County, ein 3,7 Milliarden Baht teures Seniorenprojekt mit einem Krankenhaus und Wohnungen für wohlhabende Thais und Asiaten. Die Gruppe plant derzeit den Bau einer 43 Hektar großen Einrichtung in Krabi. Dieses Projekt soll in den kommenden Jahren vor allem an wohlhabende Pensionäre aus dem westlichen Ausland vermarktet werden.
Laut dem Manager der Gruppe werde es in dem geplanten Projekt eher wie in einem Fünf-Sterne-Hotel zugehen. Mit 99.000 Baht pro Quadratmeter seien die Wohnungen dort auch nicht gerade billig, aber es könnte Ausländern helfen, einige der strengen Visa-Vorschriften für Ruheständler zu umgehen.
Mit der erfolgreichen Einführung eines Elite-Visasystems für wohlhabende Pensionäre, das Optionen für Visa mit fünf, zehn und 20 Jahren Laufzeit zum Preis von 500.000 Baht bis zu 2 Millionen Baht bietet, unterstützt und fördert die Regierung solche Angebote.
Die Zahl der Anträge für ein Elite-Visum ist zwischen 2016 und 2019 um durchschnittlich 34% gestiegen, nachdem das Beratungsunternehmen Henley & Partners als exklusiver globaler Konzessionär für das Programm gewonnen werden konnte.
Mit den Elite-Visa entfällt die Notwendigkeit einer jährlichen Verlängerung. Dieser Visatyp bietet längerfristige Sicherheit für diejenigen, die hier leben oder investieren wollen, zusammen mit einigem anderen Schnickschnack, wie sich der Südostasien-Leiter von Henley & Partners ausdrückte.
Der Versuch, wohlhabendere Personen anzulocken, habe vielen Expats hier das Gefühl gegeben, nicht mehr willkommen zu sein und nur noch ausgepresst zu werden, so äußerte sich der ausländische Besitzer eines Pubs in Pattaya.
Er ist selbst jedoch noch voller Hoffnung, dass die Regierung angesichts des Rückgangs des thailändischen Wirtschaftswachstums im vergangenen Jahr auf ein Fünfjahrestief und der prognostizierten Verringerung der Touristenankünfte um bis zu 50 % sich eines Besseren besinnen und auf die Unterstützung der Expats zurückgreifen könnte, um die wirtschaftlichen Auswirkungen abzufedern.
Ein positives Zeichen gab es bereits Anfang dieses Jahres, als die Regierung einen zuvor wieder aktivierten Passus des Einwanderungsgesetzes, was heftige Kritik auf sich gezogen hatte, stillschweigend fallen ließ. Das geschah nur Tage nachdem China ein Verbot von Reisen ins Ausland zur Eindämmung des Coronavirus angekündigt hatte.
Unterdessen wird auch eine Schwächung der thailändischen Währung erwartet, nachdem der Baht bereits zu Beginn des Jahres, nachdem die Zentralbank angekündigt hatte, die Regeln für Kapitalabflüsse zu lockern, mit dem Ziel, die Währung zu schwächen, etwas an Wert eingebüßt hatte. Für all diejenigen, die in Thailand von ihren Ersparnissen oder ihren Renten leben, wäre die damit einhergehende Verbesserung ihrer Kaufkraft eine gute Nachricht.
Dem Pubbetreiber ist jedoch nicht entgangen, dass bei vielen Expats um ihn herum die Zuversicht schwindet. Das führt dazu, dass die viele von ihnen eigentlich zu viel trinken, während sich ihre einst rosarote Vision vom geruhsamen Lebensabend in Thailand immer mehr von der Realität eingeholt wird. Er hat den Eindruck gewonnen, dass es den normalen Expats in Thailand derzeit immer schlechter geht.
Selbst wenn ihnen die Regierung eine Rettungsleine zuwerfen sollte, könnte es zu spät sein. Seiner Ansicht nach ist es für Viele wahrscheinlich sogar schon zu spät!
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