Die von der Regierung erlassenen Maßnahmen zur Eindämmung des COVID-19-Ausbruchs haben der Wirtschaft des südostasiatischen Landes schwer geschadet. Im Prinzip hat der Lockdown für den Schutz der Gesundheit nichts gebracht, hat aber die wirtschaftliche Krise offenbar erheblich verschärft. Statt Gesundheit hat der Lockdown für große Teile der Bevölkerung Armut gebracht.
Die Wirtschaft ist um rund 12 Prozent eingebrochen. Thailand hat es zwar geschafft, Sars-CoV-2 erfolgreich einzudämmen, indem es seine Grenzen rigoros dicht gemacht hat. Allerdings haben in der Folge Millionen ihren Arbeitsplatz in der Tourismusindustrie verloren, die immerhin rund 15 Prozent zur Wirtschaftsleistung des Landes beiträgt. Aufgrund der weiterhin angewandten restriktiven Maßnahmen ist auch eine rasche Änderung der Situation nicht in Sicht.
Nun beginnt man sehr vorsichtig die Grenzen wieder zu öffnen, um den wichtigen Tourismussektor wiederzubeleben. Nicht nur in Phuket, der größten Insel Thailands und zugleich eines der wichtigsten Touristenziele des Landes, haben viele Unternehmen in der Touristikbranche erhebliche Probleme, ohne die Ankunft von ausländischen Besuchern ihr Geschäft aufrecht zu erhalten.
Firmeninhaber und Beschäftigte sind sich unsicher über die Zukunft. Die von der Regierung verhängten Maßnahmen haben die Insel schwer getroffen. Seit Ende März hätten sie keine Kunden mehr, sagte der Mitarbeiter einer Reiseagentur, deren Büro während der Pandemie vorübergehend geschlossen ist, gegenüber der Deutschen Welle. Die Kunden des Reiseveranstalters waren vorwiegend deutsche Touristen. Dem Nationalen Statistikamt zufolge machen Deutsche, nach den Chinesen, Russen und Australiern die viert größte ausländische Besuchergruppe aus, die in den letzten Jahren nach Phuket kamen.
Auch der Inhaber eines deutschen Restaurants auf Phuket, der seit fast 20 Jahren in Thailand lebt und daneben noch Touristikdienstleistungen anbietet, gibt sich wenig optimistisch. Die gegenwärtige Krise sei viel schlimmer als der Tsunami im Jahr 2004. Damals hätten sie alles aufgeräumt, das Geschäft renoviert und wieder eröffnet. Jetzt könne niemand sagen, wann wieder Normalität einkehren werde.
Im vergangenen Jahr besuchten über 14 Millionen Touristen Phuket, davon kamen 10 Millionen aus dem Ausland. Zwar plant die thailändische Regierung, das internationale Reiseverbot etwas zu lockern und Langzeiturlaubern aus risikoarmen Ländern zu gestatten, wieder nach Thailand zu kommen. Viele hatten darauf gehofft, dass sich die Geschäfte in Phuket wieder bessern könnten. Inzwischen ist die Hoffnung verflogen. Von dem geplanten Vorhaben, gutsituierten Langzeiturlaubern die Einreise nach Thailand und den Aufenthalt auf Phuket zu gestatten, werden vor allem hochpreisige Hotels und Resorts profitieren. Die vielen Mittelklasse Hotels und einfacheren Unterkünfte in Patong und anderen Bezirken werden wahrscheinlich, genau so wie Restaurants, Pubs und Dienstleister in der Touristikbranche, wenig oder überhaupt nichts vom Kuchen abbekommen.
Zwar halten einheimische Touristen die Branche noch etwas am Leben, den Wegfall der Einnahmen aus dem Geschäft mit ausländischen Touristen können sie jedoch nicht ausgleichen, auch wenn es vereinzelt Lichtblicke gibt, wie das lange Wochenende, das heute begonnen hat und bis zum 7. September andauert. Angeblich soll es an den langen Wochenenden Buchungsraten von bis zu 90% geben.
Der Präsident der Phuket Tourist Association (PTA) sagte gegenüber der Deutschen Welle, dass trotz der gestiegenen Zahl von einheimischen Touristen die Situation im Tourismussektor in Phuket nach wie vor besorgniserregend ist. Er bezifferte die Verluste der Tourismusbranche in Phuket im ersten Halbjahr dieses Jahres auf 180 Millionen Baht, was etwa 4,8 Milliarden Euro entspricht.
Die Pandemie hat die Abhängigkeit des thailändischen Tourismus von ausländischen Touristen auf brutale Art und Weise offen gelegt. Der Präsident der PTA sieht die Priorität darin, alles Erdenkliche zu unternehmen, damit der Tourismussektor die Krise überleben kann.
Mit nur etwa 3.500 positiv getesteten Fällen und bisher 58 Todesfällen hat es Thailand zwar geschafft, die Ausbreitung des Virus einzudämmen, indem es seine Grenzen rigoros dicht gemacht hat. Dafür hat die Regierung in Kauf genommen, die vom Tourismus abhängige Wirtschaft regelrecht an die Wand zu fahren und Millionen Menschen in Armut zu treiben.
Im vergangenen Jahr noch verzeichnete Thailand einen Rekord von 39,8 Millionen Touristenankünften aus dem Ausland. Nach Angaben des Ministeriums für Tourismus und Sport füllten diese die Tourismuskasse mit 1,9 Billionen Baht. In diesem Jahr werden es laut Bank of Thailand (BOT) nur noch rund 8 Millionen ausländischen Besucher sein, die größtenteils schon in den ersten Monaten des Jahres ins Land gekommen sind. Ein hoher Beamter des BOT bestätigte vor wenigen Tagen, dass die Zahl der Touristenankünfte weiter nach unten korrigiert werden könnte.
Um die Tourismusbranche zu retten, müsste die Regierung eine Strategie entwickeln, um wieder ausländische Touristen anzulocken, zumindest für einige Reiseziele, die die Virus-Infektionen im Griff haben, führte eine Wirtschaftsexpertin an. Ihrer Ansicht nach werde die Tourismusindustrie in vielen Gebieten ohne ausländische Besucher bis zum Ende des Jahres nicht überleben.
Zwar planen die thailändischen Behörden, mit einem Pilotprojekt namens „Phuket-Modell“ ausländischen Touristen den Besuch des Landes zu ermöglichen, jedoch nur unter erheblichen Auflagen. So müssen Touristen mindestens 30 Tage auf Phuket bleiben, wobei sie die ersten 14 Tage in Quarantäne in der begrenzten Umgebung ihres Hotels oder Resorts bleiben müssen, bevor sie nach weiteren negativen Tests und weiteren sieben Tagen auf der Insel in andere Landesteile reisen dürfen.
Laut dem Präsidenten der PTA haben die Behörden eine so genanntes „5T“-Programm entwickelt: Target, Tests, Tracing, Treatment und Trust. Damit soll die Sicherheit sowohl der Touristen als auch der Inselbevölkerung gewährleistet und auch die Wirtschaft wieder angekurbelt werden. Ob das Konzept sich in der Praxis bewährt ist die andere Frage. Gerade wurde eine Umfrage aus Schweden veröffentlicht, nach der die Schweden keine Lust mehr auf Thailand haben. Es sollten doch gerade die gutsituerten Touristen aus den nördlichen Ländern sein, die bevorzugt angesprochen werden sollen.
Lokale Medien berichten derweil, dass Phuket am 1. Oktober wieder für internationale Touristen geöffnet wird, obwohl derzeit noch unklar ist, wann das „Phuket-Modell“ überhaupt in Kraft treten wird.
Viele bezweifeln, dass sich dieses Konzept für die Wiederöffnung angesichts der obligatorischen 14-tägigen Quarantänezeit im Hotel oder Resort und anderer Sicherheitsvorkehrungen in der Praxis überhaupt durchsetzen wird.
Die Meinungen sind geteilt: Während der Präsident der PTA optimistisch ist, wenn er auf den Erfolg des Pilotprojekts angesprochen wird und der Meinung ist, dass viele Touristen trotz der Restriktionen daran interessiert sein werden, nach Phuket zu kommen und es ihnen nichts ausmachen werde, einen Monat in Phuket zu verbringen, einschließlich der zwei Wochen in Quarantäne, sind vor allem Geschäftsleute aus der Tourismusbranche anderer Ansicht. Ihrer Meinung nach könnte das „Phuket-Modell“ lediglich einige Rentner aus Europa anziehen, die in den kalten Wintermonaten in die Sonne fliehen wollen. Sie bezweifeln jedoch, dass diese Personengruppe gewillt ist, zwei Wochen Quarantäne, eine Menge Papierkram und umfangreiche Tests und Beschränkungen dafür in Kauf zu nehmen.
Fazit: Die Frage, ob und wie lange Thailand ohne ausländische Touristen überleben kann bezieht sich eigentlich weniger auf das Land. Zweifelsfrei wird Thailand überleben, aber ob die Menschen die verheerenden finanziellen Auswirkungen verkraften werden, ist die eigentliche Frage.
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