Was zeichnet die chinesische Küche in Thailand aus
Es gibt keine andere ausländische Küche, die in Thailand so zu Hause ist, wie die chinesische Küche. Natürlich ließe sich darüber streiten, inwieweit die chinesische Küche in Thailand überhaupt eine ausländische Küche ist.
Zum einen sind große Anteile der thailändischen Bevölkerung ethnisch Chinesen, die jedoch alle die thailändische Staatsbürgerschaft besitzen. Zum anderen wurden zahlreiche Gerichte, die ursprünglich chinesisch waren, vollständig von die thailändische Küche übernommen. Diese Gerichte sind sowohl typisch für die chinesische als auch für die thailändische Küche geworden. Am auffallendsten für beide Küchen sind die vielseitigen Nudelgerichte.
In beiden Küchen nehmen Nudelgerichte eine herausragende Stellung ein. Entgegen der weitverbreiteten Meinung sind Nudeln keineswegs eine italienische, sondern eine chinesische Erfindung. Erst im dreizehnten Jahrhundert wurden die Nudeln von Marco Polo nach Italien gebracht. Auch wissen Chinesen, im Gegensatz zu Italienern, durchaus warum Nudeln üblicherweise lang sein müssen. In China herrscht der Aberglaube vor: Wer lange Nudeln isst, der lebt länger.
Grundsätzlich gibt es in der thailändischen und auch in der chinesischen Küche zwei verschiedene Nudelarten. Es gibt Reisnudeln (Thai: Ba-Mi) und Eier-Weizen-Nudeln (Thai: Kuai Thiau), wie man sie auch in Europa kennt. Weizen-Nudeln werden fast immer in der dünnen langen Form verwendet, ähnlich Spaghetti, während Reisnudeln in der chinesischen Küche auch in einer breiteren Form, ähnlich den italienischen Fettucini, verwendet werden.
In der chinesischen Küche werden Nudeln auf drei verschiedene Arten zubereitet, zum einen in klaren Suppen zusammen mit Fleisch und Gemüseeinlagen, zum anderen kurz angebraten, gemischt mit Fleisch und anderen Zutaten mit einer dicken Soße, sowie trocken ohne Soße.
Auf der Speisekarte findet man oft Gerichte mit der englischen Bezeichnung „fried“ (gebraten), was jedoch etwas missverständlich ist. Darunter versteht man in Thailand lediglich kurz angebratene (sautierte) Gerichte, während man in Europa mit „gebraten“ üblicherweise knusprige Gerichte bezeichnet. Die in Thailand mit „fried“ bezeichneten Nudelgerichte sind aber normalerweise nur sautiert und zusammen mit einer dicken Soße eher etwas matschig, jedoch nicht knusprig.
Gerichte, die man im europäischen Sinne als gebraten bezeichnet, findet man auf der Speisekarte mit der Bezeichnung „deep-fried“. Auf deutsch bedeutet das üblicherweise frittiert. In der chinesischen Küche werden beispielsweise Krabben, Garnelen und Frühlingsrollen frittiert.
Neben den bereits zuvor erwähnten klaren Suppen kennt man in der chinesischen Küche auch verdickte Suppen, die auf der Speisekarte eine wichtige Rolle spielen. Verdickt werden diese Suppen, ebenso wie die Soßen der sautierten Gerichte, einfach durch Stärkemehl. Daher werden diese Suppen von denjenigen, die diese Art der Zubereitung nicht mögen, auch oft als schleimig bezeichnet.
Wie schon bei klaren Suppen, findet man auch in den verdickten Suppen oft Fleisch und Gemüse als Zutaten. Wesentlich häufiger jedoch ist bei verdickten Suppen jedoch die Beigabe von Fisch und/oder anderen Meerestieren. Häufig findet man in diesen Suppen auch gekochten Blattsalat, der in der chinesischen Küche nicht wie bei uns roh verzehrt wird.
Die beiden bekanntesten dickflüssigen chinesischen Suppen sind die Vogelnest-Suppe und die Haifischflossen-Suppe. Bei beiden Suppen wird jedoch kein Stärkemehl zugesetzt. Die Verdickung ergibt sich hier durch Kochen der Haifischflossen bzw. der Vogelnester. Im Falle der Vogelnest-Suppe ist die Bezeichnung „schleimig“ sogar überaus zutreffend. Für diese Suppe nimmt man ausschließlich Schwalbennester. Schwalben bauen ihre Nester, indem sie die Seetang und Halme mit ihrem Speichel regelrecht verschleimen und so für die nötige Stabilität sorgen. Beim Kochen der Suppe wird der Speichel wieder aufgelöst und verleiht der Suppe ihre schleimige Konsistenz und den besonderen Geschmack.
Einzig in der chinesischen Küche werden Haifischflossen und Schwalbennester als Nahrungsmittel verwendet, ja sogar noch als besondere Delikatessen bezeichnet. Daher werden Haifischflossen und Schwalbennester aus der ganzen Welt importiert, um den Bedarf der chinesischen Restaurants zu decken. In China selbst sind Schwalbennester, die für die Suppe verwendet werden können, nicht so häufig anzutreffen. Man findet sie nur an der felsigen Küste im Süden des Landes, die jedoch keineswegs ausreichen, um die große Nachfrage zu decken. In Thailand hingegen, insbesondere an den Küsten in Süd-Thailand, gibt es viele Schwalben.
Zweites wichtiges chinesisches Grundnahrungsmittel neben Reis sind Sojabohnen, die zum größten Teil zu Sojakuchen verarbeitet werden. Sojakuchen ist sehr preiswert und dazu noch äußerst sättigend. Für viele ärmere Chinesen ist er daher eine Art Fleischersatz. Reicht man Sojakuchen in China oft als Beilage, so wird er in chinesischen Restaurants in Thailand nur als Zutat zu Speisen und Suppen verwendet.
Bei der Herstellung von Sojakuchen entsteht als Nebenprodukt eine weiße Masse, die wie Dickmilch aussieht. In Thailand wird dieses Produkt von ambulanten Händlern verkauft. Auf Bambusstangen tragen sie große Aluminiumeimer mit dem Produkt durch die Straßen und preisen ihre Ware mit lauten Rufen an.
Grundnahrungsmittel Nummer eins in der chinesischen Küche ist und bleibt der Reis, ganz gleich wie wichtig auch Nudeln und Sojakuchen sein mögen. Chinesische Restaurants in Thailand haben eine große Auswahl an Reisgerichten auf ihrer Speisekarte, üblicherweise Reis mit diversen Beilagen, wie Fleisch, Gemüse, Fisch oder anderes Meeresgetier.
Für Chinesen und auch für Thais ist Essen eine gesellige Angelegenheit. Man isst eigentlich selten allein, sondern fast immer in der Gruppe, mit der Familie oder mit Freunden. Stets werden alle Speisen für gemeinsam alle Gäste aufgetragen. Töpfe und Teller mit den verschiedenen Gerichten werden dabei in der Mitte platziert und quer durcheinander isst jeder von allem. In Thailand unterscheidet sich daher die Einrichtung von chinesischen Restaurants grundlegend von der in anderen Restaurants. Sind die Tische in westlichen Restaurants vorwiegend für zwei bis vier Personen ausgelegt, so gibt es in chinesischen Restaurants überwiegend große runde Tische mit Platz für sechs bis zehn Personen.
Meistens ist in der Mitte dieser Tische ein rundes drehbares Tablett installiert. Damit werden Töpfe und Teller mit den verschiedenen Gerichten zu jedem einzelnen Tischgast gedreht. Von jedem der Teller in der Mitte werden immer nur ein paar Bissen genommen und gegessen. Das Tablett wird dann weitergedreht, man kostet ein paar Happen vom nächsten Teller in der Mitte und dreht das Tablett erneut weiter, um dann wiederum ein paar Bissen vom nächsten Gericht aus der Mitte zu nehmen.
Etwas anders verhält es sich mit Dimsum. Es ist nicht nur ein Gericht – es ist eher ein Essstil. Unter Dimsum versteht man im kantonesischen Kulturkreis eine ganze Reihe vorbereiteter Appetit-Häppchen, die gewissermaßen als Snack oder Zwischenmahlzeit eingenommen werden. Wem es nicht zu teuer ist, kann Dimsum auch durchaus als Mittagessen zu sich nehmen. In Restaurants fährt das Servicepersonal üblicherweise mit Wägen von Tisch zu Tisch und serviert Dimsum.
Dimsum-Gerichte sind überwiegend gedünstet, manchmal jedoch auch gegrillt oder gebraten. Alle Dimsum-Gerichte sind üblicherweise stark gewürzt, dabei wird überwiegend auf die verschiedenen Ingwer-Arten zurückgegriffen.
Essstäbchen haben in China eine lange Tradition. Bereits vor weit über 2.000 Jahren regte Konfuzius (551 bis 479 vor Christi) an, daß Messer als Mordwerkzeuge bei Tisch nichts zu suchen hätten. Seitdem hat sich diese Tischsitte nicht nur in China durchgesetzt, sie wurde auch von vielen Nachbarstaaten übernommen. Damit die Gerichte mit Stäbchen gegessen werden können, werden chinesische Speisen immer auf Größe von Häppchen zurechtgeschnitten.
Im Grunde ist die chinesische Küche, von wenigen Ausnahmen abgesehen, wesentlich unkomplizierter als beispielsweise die französische Küche. Es hängt viel weniger davon ab, bestimmte Kochprozeduren, exakte Kochtemperaturen oder Kochzeiten einzuhalten. Das Gros der Gerichte werden entweder einfach in Öl gebraten oder gekocht und dann, was enorm wichtig ist, in bestimmter Weise gewürzt. Einige wenige Gerichte, wie beispielsweise Peking-Ente, bilden die Ausnahme. Sie können durchaus in der Zubereitung recht anspruchsvoll sein.
Zwar kann sich die chinesische Küche, was die Raffinesse der Zubereitung der Speisen betrifft, kaum mit der französischen Küche messen, übertrifft sie jedoch bei weitem, wenn es um die Verwendung exotischer Zutaten geht. Trüffel und Kaviar sind sicherlich keine alltäglichen Zutaten, aber beispielsweise Vogelnester sind schon sehr exotisch. Damit ist aber bei weitem noch nicht die Spitze dessen erreicht, was chinesische Köche als essbar erachten und als Spezialitäten zubereiten. Dazu gehören junge Äste von Bäumen, Seegurken, giftige Pilze und was es sonst noch alles organisches gibt. Irgendwie findet sich in der chinesischen Küche eine Verwendung für die Aufbereitung zum menschlichen Verkehr.
Dabei ist Vogelnest-Suppe bei weitem nicht das exotischste Gericht auf der Speisekarte in chinesischen Restaurants in Thailand.und sicher auch keineswegs dasjenige, gegen das sich westliches Geschmacksempfinden am meisten sträuben dürfte. So werden vielerlei tierische Körperteile in der chinesischen Küche verwendet, nicht nur des kulinarischen Vergnügens wegen, sondern auch, weil ihnen die Kräfte eines Aphrodisiakums nachgesagt werden.
Anderen Tierarten wiederum, wie beispielsweise Schlangen, werden in der chinesischen Küche geschätzt, weil sie bestimmte Heilwirkungen haben sollen. Gerade Schlangen sind hierfür das beste Beispiel, sie sind wegen ihrer Schmackhaftigkeit beliebt und lassen sich zudem fast gänzlich in der chinesischen Heilkunst verwenden. So gibt es Schlangengerichte, die beispielsweise bei Rheuma helfen sollen. Daneben soll Schlangenfleisch ganz allgemein das Herz wärmen.
China ist ein großes Land, so wundert es auch kaum, daß es in der chinesischen Küche deutliche regionale Unterschiede in der Zubereitung gibt. Ganz allgemein lässt sich sagen, daß in der südchinesischen, kantonesischen Küche Fisch und Meerestiere stärker vertreten sind als beispielsweise in der zentral- oder nordchinesischen Küche. In der Küche von Peking dagegen mehr Fleisch, insbesondere Schweinefleisch, verwendet wird. Am schärfsten und würzigsten wird in den zentral-chinesischen Provinzen Szechuan und Hunan gekocht. Hier findet man in fast jedem Gericht Chili und Knoblauch.
Chinesen sind, wenn sie ein Restaurant aufsuchen, in erster Linie daran interessiert, gut zu essen. Dabei wird weniger Wert auf eine schicke Einrichtung gelegt. Chinesische Restaurants sind eher schlicht eingerichtet. Die Preisunterschiede zwischen einfachen und gehobenen Restaurants fallen daher auch weniger groß aus, als dies zum Beispiel bei westlichen Restaurants üblich ist. Ein Ausnahme sind hier die aufwendig eingerichteten Restaurants, die man in den Luxus-Hotels antrifft. Die Preise der Gerichte in normalen Restaurants orientieren sich an den Kosten für die Zutaten und weniger am Renommee des Kochs.
Beliebtestes Getränk in chinesischen Restaurants ist Tee, der zu allen Speisen getrunken wird. Nach chinesischer Ansicht verfremden andere Getränke den Geschmack der Speisen. So heißt es auch: „Chinesen ruinieren nicht den Tee mit solchen fremdartigen Zusätzen wie Zitronensaft, Zucker oder Milch“.
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