Seit Wochen liegt über Bangkok eine dichte Dunstglocke
Die mehr als acht Millionen Einwohner von Bangkok leiden schon seit Beginn des Jahres unter extrem schlechter Luft. Immer mehr Thais sind mit Atemschutzmasken unterwegs. Um den Smog zu mindern, sind die zuständigen Behörden jedoch bisher nicht bereit, schärfere Maßnahmen zu ergreifen.
So wurden letzte Woche Besucher des Rathauses von einem ungewöhnlichen Brummen aufgeschreckt, das von fünf Drohnen verursacht wurde, die über dem Platz vor dem Rathaus ihre Runden drehten. Die Drohnen waren mit Tanks ausgerüstet, die zehn Liter Flüssigkeit aufnehmen können. Die Drohnen schwebten jedoch nur für kurze Zeit über dem Platz, Zeit genug, um den Reportern, die sich hier eingefunden hatten, schöne Bilder für ihre Berichte zu liefern.
Insgesamt 50 Drohnen sollen jetzt eingesetzt werden, die aus ihren Tanks eine klebrige Flüssigkeit versprühen, damit die winzigen Staubpartikel in der Luft gebunden werden sollen. Mit diesem Plan soll die Luft über der thailändischen Hauptstadt gereinigt werden. Allerdings halten Experten das für einen Irrweg.
Selbst der Gouverneur von Bangkok scheint seine Zweifel zu haben, dass die geplante Aktion wirklich von Erfolg gekrönt ist. Seine Aussagen gegenüber Journalisten, dass sie diese Aktion durchführen würden, weil sie glaubten, dass damit die Verschmutzung der Luft verringert werden könne. Würden sie hingegen überhaupt nichts machen, dann würden sich die Medien beschweren, weil nichts unternommen werde. Zudem rief er die Experten auf, sich zu äußern, wie ihrer Meinung nach die Luftverschmutzung verringert werden könne.
Leidtragende der Misere sind die Einwohner und Besucher von Bangkok, die immense Belastungen der Luft über sich ergehen lassen müssen. In den vergangenen Wochen wurde an verschiedenen Stellen in der Stadt eine Belastung der Luft mit der Feinstaubart PM 2,5 von weit über 100 Mikrogramm per Kubikmeter gemessen. Zum Teil lagen die Werte sogar über 200 Mikrogramm pro Kubikmeter.
Angesichts der von Feinstaub ausgehenden Gesundheitsgefahren empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation in ihren WHO-Luftgüte-Richtlinien folgende Grenzwerte:
- Jahresmittelwert PM2,5 10 µg/m³
- Tagesmittelwert PM2,5 25 µg/m³
Die jetzt gemessenen Werte liegen weit darüber. Im Vergleich mit anderen Megastädten rangiert Bangkok zusammen mit anderen asiatischen Metropolen regelmäßig unter den zehn Städten der Welt mit der schlechtesten Luftqualität, wobei Seoul die höchste Feinstaubbelastung aller 31 OECD-Hauptstädte aufweist.
Der Einsatz von Drohnen zur Reinigung der Luft stellt jedoch nur eine der vielen Maßnahmen dar, mit denen die Stadtverwaltung einen verzweifelten Kampf gegen die Luftverschmutzung führt. So fahren schon seit Tagen Tanklastwagen durch die Straßen der Stadt und versprühen Wasser, ebenso wie man von Hochhausdächern aus versuchte, es künstlich regnen zu lassen, was jedoch außer durchnässten Passanten und überfluteten Straßen kaum etwas brachte.
Viele Einwohner der Stadt haben daher selbst die Initiative ergriffen und gehen nur noch mit Schutzmaske vor die Tür oder rüsten ihre Wohnungen mit Luftfilter aus, die jedoch in den Geschäften kaum noch erhältlich sind. Gibt es sie doch noch irgendwo, dann werden sie mit einem deftigen Aufschlag verkauft.
Die Ursachen für den Smog in Bangkok sind vielschichtig. Zum einen verbrennen die Bauern in den umliegenden Provinzen bei einer derzeit extrem ungünstigen Wetterlage wie gewohnt die Ernteabfälle auf ihren Feldern, zum anderen aber handelt es sich keineswegs um ein temporäres Problem. Vielmehr wird die Luftqualität seit Jahren in der thailändischen Hauptstadt immer schlechter. Die täglich immer mehr werdende Verkehrsbelastung auf Bangkoks Straßen trägt einen erheblichen Teil dazu bei.
Die derzeit herrschende Militärjunta ist jedoch nicht willens, das Problem in irgendeiner Weise anzugehen, zumindest nicht vor den im März anstehenden Wahlen, zu denen auch eine Partei antritt, die der Militärregierung nahe steht. Und deren Chancen will man in keinem Falle schmälern, indem man das heiße Eisen anpackt und den Verkehr in der Hauptstadt reguliert. Wer weiß schon, was den Einwohnern von Bangkok wichtiger ist, die gute Luft oder ihre Mobilität, wobei sie sich im Zweifelsfalle wohl eher fürs Auto entscheiden dürften. Nicht von ungefähr fragte unlängst der Junta-Chef bei einem öffentlichen Auftritt, ob es die Menschen in Bangkok wohl akzeptieren werden, wen die Behörden beschließen würden, an abwechselnden Tagen nur noch Autos mit geraden oder ungeraden Kennzeichen in die Stadt zu lassen.
Wer Bangkok etwas näher kennt, der kann recht gut nachvollziehen, mit welchen Einschränkungen eine solche Maßnahme für Pendler verbunden wäre. Der öffentliche Nahverkehr deckt im wesentlichen nur die Hauptverkehrsadern ab, die meisten Gebiete abseits dieser Routen bleiben aussen vor. Hinzu kommt, dass die Züge von Skytrain und Metro in den Stosszeiten hoffnungslos überfüllt sind. Das Liniennetz wird zwar mit großer Anstrengung ausgebaut, doch bis die neuen Linien eröffnet werden, vergehen noch einige Jahre. Bis dahin tragen auch die riesigen Baustellen nicht unerheblich zur Luftverschmutzung bei. Auch die zahlreichen uralten Busse, die dicke schwarze Rauchwolken ausstoßen, sind Teil des Smogproblems von Bangkok.
Die Smogkrise der Stadt ist auch schlecht für den Tourismus, der einen wesentlich Anteil zur Wirtschaftskraft nicht nur der Stadt, sondern des ganzen Landes beiträgt. Laut einer Studie von Mastercard zieht keine andere Stadt der Welt so viele ausländische Besucher an wie Bangkok. Die Stadt stellt zudem das Drehkreuz für all die Touristen dar, die in die Ferienzentren im Norden, Südosten und Süden des Landes weiterreisen.
Erheblich an Bedeutung gewonnen hat in den letzten Jahren auch der Medizintourismus, auf den sich die andauernde Smogkrise eher negativ auswirken dürfte. Schätzungen gehen davon aus, dass die Smogkrise insgesamt einen volkswirtschaftlichen Schaden von umgerechnet mehr als 200 Millionen US-Dollar verursachen könnte.
Zudem könnte der Zeitpunkt nicht ungünstiger sein, feiern doch die Chinesen in dieser Woche das chinesische Neujahrsfest. Während dieser Zeit sind üblicherweise die Hotels ausgebucht und die Shopping-Malls und Touristenattraktionen überfüllt. Chinesische Touristen kommen während dieser Zeit in Heerscharen nach Thailand. Mittlerweile stellen Chinesen den größten Anteil der Touristen im Land.
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