TM30: Das Formular, das Expats in Thailand verzweifeln lässt
Thailand ist seit langem ein attraktives Ziel für westliche Expats – ein Land, in dem die Lebenshaltungskosten niedriger sind und trotzdem eine gute Lebensqualität erreicht werden kann. Aber die Wiederbelebung eines obskuren Paragraphen des Einwanderungsgesetzes von 1979 hat die Expat-Gemeinschaft verunsichert und dazu gebracht, die bisherigen Freiheiten, die sie an Thailand schätzten, in Frage zu stellen. Dem Thema hat sich jetzt auch die BBC, der öffentlich-rechtliche Fernsehsender von Großbritannien, angenommen.
So berichtete der Sender von Zareeka Gardner, einer 25-jährigen Englischlehrerin aus den USA, die inzwischen das Gefühl hat, dass sie in Thailand nicht willkommen ist.
Seit ihrer Ankunft in Thailand im April hat die Einwanderungsbehörde Bußgelder in Höhe von 12.400 Baht gegen sie verhängt. Zum überwiegenden Teil, weil ihr Wohnungsvermieter es versäumt hat, umgehend ein Formular einzureichen, mit dem angezeigt wird, wo sie wohnt.
Vorher hatte sie in China gearbeitet, ein Land, in dem alles bis ins letzte Detail bürokratisch geregelt ist. Sie kam nach Thailand und hoffte, dass das Leben hier einfacher sein würde. Aber schon nach kurzer Zeit änderte sich ihre Wahrnehmung. Sie fühlte sich verloren in einem Dickicht von vagen und widersprüchlichen Informationen, wobei auch ihre Lehranstalt jegliche Hilfestellung vermissen ließ.
Zareeka Gardner sagt jetzt, dass sie sich vom System besiegt fühlt. Sie hat genug von Thailand und einen Flug zurück nach China gebucht.
Thailands Einwanderungsgesetz (von 1979) enthält eine Klausel, die alle Ausländer verpflichtet, den Behörden jederzeit mitzuteilen, wo sie sich aufhalten.
Früher wurde diese Meldung lediglich von Hotels verlangt, die die Daten der Gäste sammelten und bei der Immigration einreichten, oder auch einfach ignorierten. Aber seit März wendet die Regierung das Gesetz kompromisslos ohne jegliche Ausnahmen an.
Nicht nur Hoteliers, auch die Vermieter müssen die Einwanderungsbehörden benachrichtigen, wenn ein Ausländer nach mehr als 24 Stunden Abwesenheit von seinem ständigen Wohnsitz wieder nach Hause zurückkehrt – sei es von einer Auslandsreise oder lediglich von einer Reise in eine andere Provinz. Das gilt auch für Ausländer, die mit Thais verheiratet sind – ihr thailändischer Ehepartner muss, wenn er oder sie das Haus besitzt, die Meldung einreichen.
Das Formular, bekannt als TM30-Meldung, muss innerhalb von 24 Stunden nach der Ankunft des Ausländers eingereicht werden, sonst wird der Eigentümer mit einer Geldstrafe belegt. Wenn die Geldbuße nicht bezahlt wird, kann der Ausländer sein Visum oder andere Genehmigungen nicht verlängern, bis das Problem behoben ist.
Die kompromisslose Durchsetzung der Meldeklausel hat in ganz Thailand Verwirrung und auch Bestürzung ausgelöst, was teilweise zu ätzenden Cartoons in lokalen Zeitungen und Empörung in den sozialen Medien geführt hat.
Viele Betroffene haben sich über Unstimmigkeiten zwischen den einzelnen Provinzbehörden beschwert, und auch über Vermieter, die ihre Pflichten nicht erfüllen oder sich sogar weigern, ihren Pflichten nachzukommen, was zur Folge hat, dass die Mieter die Geldbuße zahlen müssen oder Gefahr laufen, ihre Aufenthaltserlaubnis in Thailand zu verlieren.
Zwar gibt es eine App und eine Website für das Formular, aber viele Benutzer haben sich über Schwierigkeiten beim Zugriff oder technische Störungen beschwert. Es bleibt ihnen daher nichts anderes übrig, als die Einwanderungsbehörden aufzusuchen, was durchaus eine ganztägige Angelegenheit sein kann. Das TM30-Formular ist nicht nur verwirrend und komplex, es muss oft auch persönlich ausgefüllt werden.
Sebastian Brousseau, CEO von Isaan Lawyers in der Provinz Nakhon Ratchasima, bestätigt, dass er mit Fragen überflutet wurde, seitdem das Gesetz rigoros angewandt wurde. Er hält das Gesetz für regressiv.
Er habe unbescholtene Mandanten, die vorher lange in Thailand gelebt hatten, die aber das Land jetzt verlassen, weil sie sich nicht mehr willkommen fühlen.
Ausländer mit Wohnsitz in Thailand müssen sich schon immer alle 90 Tage bei der Einwanderungsbehörde melden und eine TM47-Meldung abgeben. Nur Personen mit ständigem Wohnsitz oder einem speziellen Visum sind von dieser und anderen Anordnungen ausgenommen.
Schon bisher empfanden es viele Expats als eine Last, alle drei Monate die Immigration aufzusuchen und die TM47-Meldung abzugeben. Jetzt kommt noch die TM30-Meldung hinzu, für viele Expats ist das zu viel, sagte Brousseau, der Mitinitiator einer Online-Petition ist, in der die Regierung gebeten wird, das Gesetz aufzuheben. Die Petition hat inzwischen fast 6.000 Unterschriften gesammelt.
Nicht nur Ausländer empfinden die wachsende Bürokratie als lästig. Auch Suchada Phoisaat, eine thailändische Journalistin und Unternehmerin, verlor einen ganzen Arbeitstag, nur weil sie eine TM30-Meldung im Namen ihres russischen Mannes bei der Einwanderungsbehörde abgeben musste.
Besonders ärgerlich empfand sie die langen Warteschlangen. Wenn schon Ausländer oder Thais diese Meldung vornehmen müssen, dann sollte eigentlich ein geeignetes und effizientes System vorhanden sein, um das Ganze zeitsparend zu erledigen.
Warum die Regierung anfing, das Gesetz seit ein paar Monaten rigoros durchzusetzen, bleibt unklar, die offiziellen Gründe sind eher fadenscheinig.
So lautet die offizielle Sprachregelung der Regierung, die wohl noch immer die Folgen des schlimmen Terroranschlags in Bangkok im Jahr 2015 in Erinnerung hat, dass das TM30-Verfahren zur Stärkung der nationalen Sicherheit beitrage. Gleichzeitig sollen damit gesetzestreue Ausländer geschützt werden. „Gute Jungs rein – Böse Jungs raus“, ist ihr Motto.
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