Die Entscheidung, vor mehr als einem Jahr die Grenzen wegen Covid-19 zu schließen, hat das Ausbleiben ausländischer Touristenankünfte verursacht und damit eine große Schwäche in Thailands gesamter Tourismusstrategie offenbart. Die Tourismusindustrie hat vor Corona fast ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts des Landes erwirtschaftet, mit dem Resultat, dass der Tourismusssektor in eine unverhältnismäßige Abhängigkeit von ausländischen Touristen geraten ist und dem Inlandstourismus nur geringe Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Das hatte zur Folge, dass die gesamte Branche durch die von der Politik verursachten Covid-19 Restriktionen regelrecht zerstört und die nationale Wirtschaft stark getroffen wurde.
Thailand hatte sich eines boomenden internationalen Tourismusmarktes erfreut mit bis zu fast 40 Millionen ausländischen Reisenden, die jedes Jahr ins Land kamen und Billionen Baht ausgaben. Doch viele Experten befürchten nun, dass dies zu Lasten eines gesunden inländischen Tourismusmarktes geschehen ist. Zahlen zeigen, dass der Tourismus zwar jährlich 14,2% bis 18,2% des BIP generierte, die inländischen Reisenden aber nur 5,3% bis 6,39% dazu beitrugen, während der internationale Tourismus 11% oder mehr ausmachte.
Ohne ausländische Urlauber haben sich aufgrund der Covid-19 Restriktionen einst florierende Urlaubsorte und Tourismuszentren in Geisterstädte verwandelt, in denen 80 bis 90% der Hotels, Restaurants, Bars, Fußgängerzonen und andere tourismusbezogene Stätten geschlossen oder verwaist sind. Der Nationale Rat für wirtschaftliche und soziale Entwicklung hat seine Schätzungen auf nur noch 500.000 ausländische Touristenankünfte reduziert, das sind weniger als 2% der ehemaligen Ankünfte in Thailand. Man geht davon aus, dass die ausländischen Besucher Einnahmen von 150 Milliarden Baht generieren werden, wesentlich weniger als der inländischen Tourismus, der im letzten Jahr 480 Milliarden Baht einbrachte.
Thailand hat die letzten Monate damit verbracht, sich selbst zu übertreffen, indem man versuchte, einen funktionierenden Plan für die internationale Wiedereröffnung zu entwickeln. Derweil ist es nicht gelungen, die einheimische Bevölkerung in der erforderlichen Masse zu impfen, um die Wiederöffnung bis zum ursprünglichen Ziel am 1. Juli sicher zu erreichen. Andere Länder haben die Vor- und Nachteile geschlossener Grenzen erkannt und sich viel mehr auf das Wachstum eines nachhaltigen Inlandstourismus fokussiert. Thais unternehmen im Durchschnitt 3 Inlandsreisen pro Jahr, während die Menschen in Ländern wie Taiwan, die mehr Wert auf Inlandsreisen legen, durchschnittlich 5 Reisen im Jahr unternehmen.
Thailand könnte sich auch China zum Vorbild nehmen, das seine geschlossenen Grenzen durch die Schaffung einzigartiger Anreize genutzt hat, um die Einheimischen zum Reisen und Ausgeben im eigenen Land zu bewegen. Technisch ausgefeilte Innovationen wie lokalisierte digitale Gutscheine und die Verteilung von Fördergeldern, die nur an Geldautomaten an Orten erhältlich sind, die auf das Tourismuswachstum ausgerichtet sind, haben die Menschen dazu ermutigt, das Land zu bereisen und ihr Geld dort auszugeben. Modellstädte, die ausländischen Touristenattraktionen nachempfunden sind, ziehen Menschenmassen an, ebenso wie der Luxustourismus, der die Insel Hainan zu einer High-End-Duty-Free-Shopping Destination macht.
Tatsächlich bedeutet Chinas Erfolg im Inlandstourismus und die strengen Grenzbeschränkungen aber auch, dass chinesische Touristen in naher Zukunft wahrscheinlich nicht in großer Zahl nach Thailand kommen werden.
Aber anstatt sich auf einen inländischen Tourismusmarkt zu konzentrieren, ist Thailand immer noch darauf fokussiert, gut betuchte ausländische Besucher ins Land zu bekommen, wobei Chancen verpasst und wachsende Probleme übersehen werden. Die Impfung erfolgt derzeit im Schneckentempo und die Einheimischen sind noch nicht in der erforderlichen Zahl geimpft, geschweige denn, dass in Thailands touristischen Sandbox-Destinationen eine Herdenimmunität erreicht werden kann. Es gibt zudem keine Garantie dafür, falls die Grenzen für den internationalen Tourismus geöffnet werden sollten, es eine Flut von Reisenden geben wird und nicht vielleicht nur ein Rinnsal.
Auch könnten Einheimische die Ankunft von ausländischen Touristen eher skeptisch betrachten. Aufgrund der oft negativen Meinung über Ausländer und deren Umgang mit Covid-19 könnten einheimische Reisende diejenigen Reiseziele meiden, die sich für ausländische Touristen öffnen, was der Tourismusindustrie insgesamt weiter schaden könnte. Auch vermögende Thais könnten sich eher für internationale Reisen entscheiden und thailändische Reiseziele meiden. Viele einheimische Reisende äußern bereits ihren Unmut über die Reisebeschränkungen zwischen den Provinzen, die zur Bekämpfung von Covid-19 eingeführt wurden, sowie über die allgemeinen Unannehmlichkeiten und zusätzlichen Kosten, die mit Covid-19-Tests und den Reisen während der Pandemie verbunden sind.
Thailands internationale Touristenankünfte machen seit Jahren etwa zwei Drittel des Tourismussektors aus, wobei das Geschäft mit einheimischen Reisenden oft vernachlässigt wurde. Doch jetzt, während der Pandamie, treten die negativen Folgen dieser Entwicklung offen zu Tage. Doch nach wie vor setzt Thailand auf internationalen, braucht aber inländischen Tourismus, der gerade jetzt während der Pandemie lebenswichtig geworden ist.
Es gibt jedoch keine Garantie dafür, dass der internationale Tourismus wieder auf das Niveau vor der Pandemie zurückkehrt. Daher strebt die Tourism Authority of Thailand an, die Einnahmen aus dem Inlandstourismus bis 2022 auf 1,2 Billionen Baht zu steigern, was fast den prognostizierten Einnahmen von 1,3 Billionen Baht aus dem internationalen Tourismus entspricht. Wahrscheinlich ist das aber zu wenig und vielleicht auch zu spät, um zu versuchen, den Fokus auf den Tourismus schnell genug neu auszurichten, damit auch wirklich eine Erholung stattfinden kann.
Quelle: Bangkok Post
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